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 IMPRO - THEATER
Figuren statt Geschichten

IMPRO-TRAINING : FIGUREN STATT GESCHICHTEN
 

Was gibt es denn beim Impro-Theater zu traininieren ?
Man geht auf die Bühne und spielt los !
Ja, so einfach ist es ganz und gar nicht.

Vor ihrem ersten Auftritt haben die Grannies zwei Jahre lang geprobt.
Es gibt zwar kein Rollenbuch, keinen Text und keine Regieanweisungen,
dafür aber ganz viel Arbeit

an der Gruppendynamik,
an Atmung – Stimme – Sprache,
an Körperarbeit – Körpersprache – Bewegungsschulung,
an Mimik - Gestik
und Assoziationsübungen, um die Kreativität anzukurbeln.


Ganz wichtig sind die unterschiedlichen Spieltechniken und Darstellungsmittel,
die die Szenen beleben, interessant machen und für Unterhaltung sorgen sollen.
Impro – Theater ist Handwerksarbeit !

Keine Gruppe bedarf so vieler Vorarbeit wie das Impro – Theater.
Wöchentlich sind es zwei bis drei Stunden Vorbereitungszeit für mich.

Im folgenden möchte ich Interessierten eine vorbereitete Arbeitseinheit vorstellen.
Das Thema der Unterrichtseinheit lautet: "Figuren statt Geschichten"

Oft haben Spieler, wenn sie die Bühne betreten, schon eine feste Vorstellung vom Ablauf der Geschichte. Böser Fehler!

Da prallen zwei Darsteller mit festgeformten Vorstellungen aufeinander.
Kein Spiel kann auf diese Weise in Fluß kommen.
Ein solches Vorausdenken kann nur negative Auswirkungen haben.
Es ist nichts weiter als ein Machtkampf zwischen zwei Darstellern, die ihren Plan erfüllt sehen wollen.
Für den Zuschauer ist die Situation nicht sehr unterhaltsam.

WICHTIG: Sich auf den Spielpartner einstellen, und ganz unvoreingenommen miteinander die Sache sich entwickeln lassen.

Man, das kann doch nichts werden!
DOCH DAS KANN ! Man muß eben spontan sein, und das üben wir ja.

Die Darsteller erhalten das Angebot einer Figur, entweder vom Spielleiter oder vom Publikum.
Figuren sind nicht zu verwechseln mit Rollen. Eine Rolle hat bereits eine bestimmte Charakteristika, die Figur hat nur eine Bezeichnung: Rentner, Hausfrau, Manager.
Die Figur sagt nichts darüber aus, ob der Rentner krank, einsam, 65 oder 90 Jahre alt ist; ob er im Heim lebt, bettlägerig ist oder gerade den Jakobsweg beschreitet.
Die Figur der Hausfrau könnte gelangweilt, hypochondrisch, Mutter von 2 oder von 7 Kindern sein, 50 oder 97 kg wiegen, Tennis spielen oder häkeln.

Alles das gilt es aus einer Figur gemeinsam mit dem Spielpartner heraus zu kitzeln. Wir nennen das bauen.

Nicht alles kaut der Impro – Darsteller dem Publikum vor, sondern nur etwa zwei Drittel. Das letzte Drittel wird er Phantasie und der Identifikation des Zuschauers überlassen.

Überdefinierte Figuren sind kontrolliert, lassen keinen geistigen Bewegunsspielraum für den Zuschauer und sind somit langweilig.
Zu wenige Informationsbausteine hemmen die Phantasie der Zuschauer und auch die Kreativität der Spieler bleibt auf der Strecke.

Was sagt uns das? Das Miteinander in der Gruppe, die Gruppendynamik, muß funktionieren, sonst braucht man gar nicht erst auftreten!

Die Kunst des Impro – Darstellers liegt darin, wichtige Aussageelemente zu finden, die beim Publikum Assoziationen auslösen.
Das bedeutet : Assoziieren üben – üben – üben!
Zunächst mal bei den Darstellern.
Schnell sein im Kopf – auch wenn es sich für die Mitspieler unlogisch anhört.
Das sagen, was einem zuerst einfällt. Nicht selektieren, um etwas besonders Schlaues, Kreatives oder Intellektuelles von sich zu geben.
Also einfach drauf los!

Na dann, mal sehen!

Übungen:

Im Kreis. Ein Darsteller steht in der Mitte. Auf Zuruf der Außenstehenden assoziiert er so schnell es geht. Er kann die Runde beenden, indem er jmd. Neues in die Kreismitte holt.

1.Bsp: Frei
Farbe – rot; Musikinstrument – Geige, Handwerkszeug – Hammer.
Diese Assoziationen kommen erstaunlicher Weise zu 90 %. Probiert es einmal aus.

2.Bsp: Substantive – Adjektive
Sonne – warm; Farbe – blau; Musik – laut;

3.Bsp: positiv oder negativ antworten
Sonne – Sonnenbrand; Musik – Gejaule; Farbe - Schmiererei.
Sonne- Urlaub; Musik – Hörgenuß; Farbe – Regenbogen

4.Bsp: Im Kreis gespielt. Assoziationskette
Sonne – warm – Sommerkleid – hübsch – Spaziergang – Gewitter

5.Bsp: Geschichten entstehen lassen und möglichst zum Ausgangspunkt zurück kommen.
Heute scheint die Sonne. – Es ist herrlich warm. – Ich ziehe mein Sommerkleid an. – Ich sehe hübsch aus. – Ich mache eine Spaziergang. – Es zieht ein Gewitter auf. – Nach dem Gewitter scheint die Sonne wieder.

6.Bsp: Die Begründung als Schwierigkeitsfaktor.
Heute scheint die Sonne. – WEIL die Sonne scheint, ist es warm. – WEIL es warm ist, ziehe ich mein Sommerkleid an. – WEIL ich mein Sommerkleid anziehe, bin ich hübsch.

Hier wurden die Bsp. auf einander aufgebaut. Es sollten aber immer neue Themen gewählt werden, damit es interessant bleibt.
Assoziationen lassen sich vielfältig einsetzen und wiederholen.
Man kann ganze Unterrichtsstunden damit füllen, oder sie immer wieder als Warming up einstreuen.
Man kann sie auf Partys spielen oder auf langen Autofahrten in der Familie, mit allen Altersklassen.
Sie sind auch als Warmin up’s für das Publikum bei Impro – Abenden geeignet, denn jeder kann etwas beisteuern.
Es gibt kein richtig oder falsch.
Neben der Phantasie fördern sie den mündlichen Ausdruck und sind eine gute Hilfestellung für Stoffsammlungen bei Aufsätzen. Phantasie ist das Stichwort – dann ist alles Möglich.

Wir wollten doch Figuren bauen - denn das ist ja das eigentliche Thema!
Wie macht man das als Darsteller?


Zwei Darsteller haben die Hinweise bekommen: Ihr seid ein Arzt und ein Gehilfe.
Nun kommt es darauf an, wie der erste Darsteller die Bühne betritt.
Kommt er in gerader Haltung, Kopf gehoben – oder leicht gebückt mit eingezogenem Kopf.
Das hat etwas mit Status zu tun. Hier nur so viel: über jmd. stehen, Anweisungen geben – unter jmd. stehen, Anweisungen ausführen.

Hier ein möglicher Dialog.
A betritt in gebückter Haltung die Spielfläche, darauf kommt B selbstbewußt herein.

A: „ Oh, Dr.Gerner. So früh schon auf den Beinen?”
B: „Ja, Herbert, mein Treuer. Ich wurde zu einem Notfall gerufen!“
A: „ Herr Dr., bitte verzeihen sie mir , aber ähm,….
B: „ Was ist denn noch, Herbert?“
A: „ Ich war’s- ähm, ich habe sie gerufen. Ich wollte mit ihnen sprechen.!

Die Darsteller machen sich gegenseitig Angebote, auf die reagiert werden MUSS !

Körperlich: gebückt oder aufrecht – Hochstatus – Tiefstatus.
Der jeweils andere definiert die Figur: in dem er den Namen nennt und ein Detail. „So früh schon auf!“, „Mein Treuer!“
Neben Hoch – und Tiefstatus eigenen sich auch Elemente der Körpersprache wie Gang, Haltung, Zuwendung, Mimik dazu, dem Mitspieler ein Angebot zu machen.


Bsp: Mann und Frau
Frau sitzt aufrecht mit gekräuselter Stirn am Tisch, trommelt mit den Fingern auf den Tisch.
Mann kommt mit Trippelschritten herein, Zeitung hinter dem Rücken.

Was hier Hoch – und was Tiefstatus ist, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Aber es kann sich im Laufe der Szene durchaus ändern, wenn ein Konflikt hinzu kommt.

Die Darsteller helfen sich gegenseitig in den Mantel.
Das ist ein wichtiges Gebot des Impro – Theaters.
Nicht abblocken sondern annehmen.
Nicht die eigenen Vorstellungen durchboxen, sondern zusammen spielen.
Zur Erinnerung: Kein Machtkampf der Darsteller! Darüber wird höchstens einmal gelacht.

Um spielen zu können, brauchen die Darsteller eine PLATTFORM, die entweder der Spielleiter vorgibt, oder das Publikum.
Das sind die berühmten 3 W’s!

1.Bsp:
WER: Rentner und Zivildienstleistender(die Figuren)
Wo: Zimmer im Altenheim
Was: Das Frühstück wird gebracht.

WER ÜBERNIMMT HOCHSTASTUS - WER TIEFSTATUS ?
Der Rentner klein und gebückt, an den Rollstuhl gefesselt?
Der Zivi selbstbewußt, großkotzig, gleichgültig?
ODER:
Der Rentner aufrecht, fordernd?
Der Zivi unsicher, schüchtern?

Zwei komplett andere Szenen entwickeln sich. Beide Varianten sollten durchgespielt werden.


2.Bsp:
Wer: zwei Jungen im Alter von 5-7 Jahren
Wo: Sandkasten
Was: Bauen einer Sandburg.


Wichtig ist, daß nicht bereits ein Konflikt vorgegeben wird, wie Unzufriedenheit über das Frühstückseinerlei oder Streit beim Burgenbau.
Zwei–Personen–Szenen eignen sich für diese Übungen.

Beim Aufbau der Szenen rufen Informationen über die Figuren beim Spielpartner innere Aktionen hervor.
Das sind Emotionen und Gefühle.
Innere Aktionen fordern äußere Aktivitäten heraus.
Ein Junge wird wütend (innere Aktion) und schreit los ( äußere Aktivität). Er wirft mit der Schaufel nach dem anderen Jungen (physikalisierung der inneren Aktion)

Das wäre in etwa eine Arbeitseinheit, evtl. auch zwei.

Bei dieser ersten Annäherung an das Thema Impro-Theater sind Begriffe aufgetaucht die ein eigene Themata bilden und sich eignen hier an dieser Stelle weitergeführt zu werden:
Atmung / Stimme / Sprache / Körperarbeit / Bewegungsschulung / Körpersprache /
Mimik / Gestik / Gruppendynamik / Warming up / Status / Konflikt / Emotion u. Gefühle /
Innere Aktion / Äußere Aktivität / Physikalisierung der inneren Aktion.


Die Ausarbeitung sollte zunächst einmal zeigen, wie umfangreich die Arbeit eines Impro – Darstellers ist.